Berlin-Film-Katalog

(in Vorbereitung)

Rarität des Monats November 2023

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 13.-15. November 2023 jeweils um 18 Uhr (am 13. mit einer Einführung) lief

Der Mann im Pyjama

BRD 1981 – 81 Min. (2228 m) – 35 mm (1:1,66) – Farbe

Regie, Buch: Christian Rateuke, Hartmann Schmige. Kamera: Heinz Hölscher. Musik: Dieter Wilhelm Siebert. Ausstattung: Werner Achmann, Harry Freude. Kostümberatung: Susan Wendlandt. Schnitt: Sybille Windt. Regieassistenz: Gunter Krää. Kameraassistenz: Valentin Kurz. Produktionsassistenz: Carla T.-Thoeren. Aufnahmeleitung: Jürgen Kussatz, Martin Rauhhaus. Maske: Ingrid Thier, Viktor Leitenbauer. Ton: Peter Dick, Rolf Silber. Schnittassistenz: Jeannette Menzel, Evelyn Schmidt. Spezialeffekte: Willi Neuner, Hans Gärtner. Filmgeschäftsführung: Marita Teelen. Requisite: Harry Freude, Barbara Freude-Schnaase. Garderobe: Ille Sievers. Script: Angela Wecker. 2. Kamera: Peter Arnold. Produktionspresse: Karsten Peters. Standphotograph: Ulrich Clauß. Redaktion: Martin Büttner.

Darsteller: Otto Sander (Rudi), Elke Sommer (Frau Lachmann), Peter Fitz (Herr Lach­mann), Hermann Lause (Bruno), Erich Schwarz (Hans-Christian), Friedrich Georg Beckhaus (Revierpolizist), Karl Heinz Vosgerau (Herr Becker), Jochen Schroe­der (Taxifahrer), Kurt Zips (Mann mit Pudel), Pit Krüger (VW-Fahrer), Ute Koska, Günther Kieslich, Kaya Gürel, Suavi Eren, Meray Ülgen, Tayfun Bademsoy.

Produktion: Rialto Film Preben Philipsen, Zweites Deutsches Fernsehen. Produzent: Horst Wendlandt. Produktionsleitung: Konstantin T.-Thoeren.

Erstverleih: Tobis.

Uraufführung: 11. Dezember 1981.


Bei Otto Sander denken wohl die meisten zu allererst an „Der Himmel über Berlin“ und seine Leistungen in der großen Zeit der Schaubühne. Für einen deutschen Schauspieler seines Formats ungewöhnlich, war er aber auch ein Erzkomödiant.

Schon zweimal haben wir Beispiele dafür gezeigt: „Plastikfieber“ (unsere Berlin-Film-Rarität des Monats September 2013, noch einmal am 18. Dezember 2023 um 17.30 Uhr im Cosima-Filmtheater zu sehen) und „z.B. ... Otto Spalt“ (unsere Berlin-Film-Rarität des Monats Oktober 2021). Im November 2023, kurz nachdem sich Otto Sanders Todestag zum zehnten Mal jährte, präsentieren wir nun einen seiner schönsten Auftritte im komischen Fach: Als Titelheld von „Der Mann im Pyjama“ spielt er einen Durchschnittsberliner, der spätabends bloß schnell Zigaretten holen gehen will. Für den kurzen Weg streift er nur den Bademantel über den Pyjama. Doch der Automat nimmt ein Markstück nicht an, und durch eine haarsträubende Verkettung von Zufällen, Verwechslungen und Mißverständnissen wird der Mann in ein turbulentes Abenteuer verwickelt, bei dem er eine ebenso schöne wie frustrierte Ehefrau kennenlernt, die ihn auf der Odyssee durch das nächtliche Berlin begleitet.

Mit Komödien tat sich das deutsche Kino schwer, seit die Nazis 1933 zahllose Talente aus dem deutschen Filmschaffen vertrieben hatten. Hinzu kam die traditionelle Geringschätzung des Heiteren durch Intellektuelle, denen Komik und Unterhaltung als eher minderwertig galten: Anspruchsvolle Kunst mußte ernst, traurig, betont schwergewichtig und gern langweilig daherkommen. Bis in die 1990er Jahre hinein waren daher Filmkomödien jenseits von plattem Klamauk in Deutschland Mangelware – übrigens auf beiden Seiten der innerdeutschen Grenze.

Zu den wenigen gelungenen Komödien aus dieser Zeit zählt „Der Mann im Pyjama“, wo nicht nur von der Fabel her auch genüßlich mit Filmklischees und -zitaten gespielt wird. Die Regisseure und Drehbuchautoren Christian Rateuke und Hartmann Schmige konnten für ihre erste abendfüllende Arbeit mit Horst Wendlandt einen der bedeutendsten Berliner Produzenten seiner Zeit gewinnen. Ihr Feuerwerk der Situationskomik, absurden Einfälle und auch des in Deutschland fast ausgestorbenen Slapsticks drehten sie 1981 hauptsächlich im nächtlichen Charlottenburg.

Die weibliche Hauptrolle spielte Elke Sommer, in Berlin geboren und einer der erfolgreichsten deutschen Hollywood-Exporte nach dem Zweiten Weltkrieg, die für ausgewählte Projekte immer wieder gern in ihre alte Heimat zurückkehrte.

Die zeitgenössische Kritik war eher ablehnend. Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden (FBW) verlieh dem Streifen dagegen das Prädikat „Besonders wertvoll“ und begründete dies unter anderem: „Die Einfälle reißen nicht ab und werden in erstaunlicher Variationsbreite so entwickelt, daß sie immer wieder Gelächter auslösen.“

Otto Sander erhielt den Ernst-Lubitsch-Preis für die beste komödiantische Leistung im deutschen Film des Jahres 1981.


Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen
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Mehr zu diesem Film hier.

Eine weitere Komödie mit Otto Sander, Plastikfieber, konnten Sie am 18. Dezember 2023 um 17.30 Uhr im Cosima-Filmtheater sehen.


 



Quellen der filmographischen Angaben: Länge, Filmformat, Figuren, Produktion: https://www.filmportal.de/film/der-mann-im-pyjama_ea3bcc92982d4ae592e68f17c366a49c (besucht am 28.10.2023). Uraufführung: Filmbeobachter Nr. 23-24, Dezember 1981 (der Angabe 18. Dezember 1981 auf filmportal.de steht entgegen, daß bereits am 11. Dezember 1981 Besprechungen in Berliner Zeitungen erschienen). Alle anderen Angaben: Originalvor- und -abspann.

Photos: Rialto-Film.