Rarität des Monats September 2018
Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.
Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.
Vom 10.-12. September 2018 um 18 Uhr lief
Das Blaue vom Himmel
D 1932 – 82 Min. (2114 m) – 35 mm (1:1,33) – Schwarzweiß
Regie: Victor Janson. Buch: Max Kolpe [Colpet], Billie [Billy] Wilder. Musik und musikalische Leitung: Paul Abraham. Bild: Heinrich Gärtner. Ton: Fritz Seeger. Bauten: Jack Rotmil. Schnitt: Else Baum. Aufnahmeleitung: Walter Tost. Lieder: „Was kümmert mich die ganze Welt“ (Text: Fritz Rotter); „Ich könnte jetzt zu Ihnen sagen“ (Text: Fritz Rotter, Max Kolpe); „Einen Tag möcht’ ich bei Dir sein“ (Text:Fritz Rotter). Künstlerische Oberleitung: Rudolf Walther-Fein.
Darsteller: Martha Eggerth (Anni Müller), Hermann Thimig (Hans Meier), Ernst Verebes (der „flotte“ Hugo), Fritz Kampers (Tobias), Margarethe Schlegel („Zigaretten-Cilly“), Jakob Tiedtke („U-Papa“), Mathilde Sussin, Walter Steinbeck (O.F. Piper, Generaldirektor), Margarethe Kupfer (Frau Breitsprecher), Hans Richter (Tommy), Erich Kestin, Ernst Behmer, Otto Sauter-Sarto, Erwin van Roy u.a.m.
Produktion: Aafa-Film A.G., Berlin.
Drehbeginn: Mitte September 1932.
Atelier: Ufa-Atelier, Berlin-Tempelhof.
Uraufführung: 20. Dezember 1932, Berlin, Primus-Palast.
1932 entstanden, zählt „Das Blaue vom Himmel“ zu jenen Arbeiten, mit denen der junge Billy Wilder sich als Drehbuchautor seine ersten Sporen verdiente – hier in Zusammenarbeit mit Max Kolpe, der ihm zum lebenslangen Freund wurde. Kolpe schrieb seinen Nachnamen später „Colpet“ und reüssierte vor allem als Liedtexter.
Aus filmhistorischer Sicht stellt „Das Blaue vom Himmel“ aber auch bis heute eine Ausnahme dar: So wichtig der öffentliche Personennahverkehr für Berlin war und ist, so bemerkenswert selten spielte er eine Hauptrolle in den Tausenden von Filmen, die in Berlin gedreht wurden. Das liegt natürlich an dem notwendigen logistischen Aufwand, insbesondere bei der U-Bahn aber auch an filmtechnischen Schwierigkeiten. Erst recht galt dies, als die Kameras noch viel größer und das Filmmaterial viel weniger lichtempfindlich waren als heute.
In Victor Jansons musikalischer Liebeskomödie ist jedoch ein Berliner U-Bahnhof, die fiktive Station Wallensteinplatz, der zentrale Schauplatz: Der Film dreht sich um eine junge Frau, die froh ist, dort eine Arbeit als Fahrkartenverkäuferin ergattert zu haben. Der Mann, dem von ihren diversen Verehrern ihr Herz gehört, arbeitet aber nachts, und dann auch noch einige hundert Meter höher: Er ist Postflieger.
Indirekt zeugt der Film zugleich von dem Schaden, den die Nationalsozialisten auch dem deutschen Kino zufügten (und von dem es sich in mancher Hinsicht bis heute nicht erholt hat): Kurz nach der Uraufführung, die im Dezember 1932 stattfand, mußten die beiden Drehbuchautoren ebenso aus Deutschland flüchten wie der Komponist Paul Abraham, der Liedtextautor Fritz Rotter oder die Hauptdarstellerin Marta Eggerth und ihre Kollegen Ernst Verebes und Margarethe Schlegel. Nur wenige der Vertriebenen konnten ihre Karriere so erfolgreich fortsetzen wie Wilder.
Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.
Mehr zu dem Film hier.
Quellen der filmographischen Angaben: Filmlänge, Filmformat, Lieder, Rollenzuordnung, Produktionsfirma: Filmverleih der Deutschen Kinemathek, Informationsblatt. Drehbeginn, Atelier, Uraufführung: Neil Sinyard, Adrian Turner: Billy Wilders Filme, Berlin: Verlag Volker Spiess 1980, S. 448 (weitere Stabangabe dort: „Musikalische Assistenz: Helmuth Wolfes“). Alle anderen Angaben: Originalvorspann (dort Victor Janson „Viktor“ geschrieben, außerdem: „Eine Rudolf Walther-Fein Produktion“).
Bilder: Deutsche Kinemathek.