Berlin-Film-Katalog

(in Vorbereitung)

Rarität des Monats Mai 2024

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeden Monat eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Am Montag, 6. Mai 2024 um 17.30 Uhr lief (mit einer Einführung)



Frühling in Berlin

BRD 1957 – 101 Min. (2770 m) – 35 mm (1:1,37) – Farbe

Regie: Arthur Maria Rabenalt. Drehbuch: Curt J. Braun. Musik: Hans Carste unter Verwendung von Melodien von Walter Kollo und Paul Lincke. Kamera: Georg Bruckbauer. Bauten: Hanns H. Kuhnert, Willi Vorwerg. Regieassistenz: Max Diekhout. Kameraführung: Werner Kraft. Schnitt: Klaus Eckstein. Aufnahmeleitung: Mohr von Chamier, Bruno Michalk. Masken: Fredy Arnold, Maria Westhoff. Ton: Oskar Haarbrandt..

Darsteller: Sonja Ziemann, Walter Giller, Marta Eggerth, Gerhard Riedmann, Gardy Granass, Willy A. Kleinau, Iván Petrovich, Hans Leibelt, Dietmar Schönherr, Ernst Stankovski, Edith Hancke, Fritz Wagner, Walter Gross, Wolfgang Neuss, Waltraut Runze, Ralf Wolter, Harald Sawade, Harry Tagore.

Produktion: Kurt Ulrich Film GmbH. Produktionsleitung: Heinz Willeg, Karl Mitschke. Gesamtleitung: Kurt Ulrich.

Erstverleih: Herzog.

Uraufführung: 23. Oktober 1957, Berlin, Marmorhaus.

 

Frühling in Berlin – das gilt bei diesem Film auch im übertragenen Sinne: Entstand er doch 1957 in beiden Teilen der Stadt sowie in Potsdam. Auf bislang nicht geklärte Weise war es dem West-Berliner Produzenten Kurt Ulrich ge­lungen, auch im Osten drehen zu dürfen. Der Preis dafür war offenkundig, daß nicht nur die Prachtbauten der Stalinallee freundlich präsentiert wurden, sondern auch die östlichen „Organe“, und daß man die Darsteller von Westpoli­zisten so­gar „DDR“ sagen ließ (was echten westlichen Ordnungshütern damals kaum über die Lippen gekommen wäre).

Auch die Filmhandlung nimmt einen Ausnahmefall zum Ausgang: Ein Flug von Wien nach Kopenhagen darf aufgrund verschiedener Zwänge in Tempelhof landen (in der Realität wäre er vermutlich eher nach Schönefeld geleitet wor­den). Aus dem so unvorhergesehenen wie unfreiwilligen Zwischenstopp erge­ben sich für die bunte Schar der Passagiere kleine Abenteuer, die für manche sogar das Leben verändern.

Besonders hervor sticht dabei die Geschichte einer umjubelten Opernsängerin, die aufgrund eines schlimmen Erlebnisses nie wieder nach Berlin kommen wollte, wird diese Figur doch von Marta Eggerth gespielt, die als Film- und Operettenstar große Erfolge gefeiert, Deutschland aber der Nazis wegen verlassen hatte und nach 1945 nur noch sehr selten vor die Kamera trat. Aber natürlich ist die böse Vergangenheit, die die von ihr verkörperte Sängerin quält, keine politische – wie es in einem westdeutschen Unterhaltungsfilm der Adenauerära kaum anders sein kann.

Daß sich „Frühling in Berlin“ so ganz in den damaligen Kintoppkonventionen be­wegt, wurde von der zeitgenössischen Kritik ebenso bemängelt wie daß der Film ausgiebig Fremdenverkehrswerbung betreiben würde. Aus heutiger Sicht ist es freilich gerade interessant, hier Kempinski und Kranzler, Kudamm und Bahn­hof Zoo, Resi und Waldbühne, Flughafen Tempelhof und Hansaviertel, Bahnhof Alexanderplatz und heutige Karl-Marx-Allee, Potsdams Garnison­kirche, das Neue Palais und Sanssouci vorgeführt zu bekommen.

Dies alles mit einem Aufgebot von Prominenz, und Wolfgang Neuss ein wei­teres Mal (wie schon in „Die Spur führt nach Berlin“, unserer Berlin-Film-Rarität des Monats April 2024) gar nicht komisch, sondern als Gangster.

 

Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

Mehr zu diesem Film hier.


Das Premierenpublikum lachte über den berlinischen Zungenschlag seiner Kabarettisten und ließ sich die appetitlich hergerichtete Schaumspeise schmecken.

R.C., Berliner Morgenpost vom 25. Oktober 1957






Quellen der filmographischen Angaben: Filmlänge, Film- und Bildformat, Erstverleih, Uraufführung: https://www.filmportal.de/film/fruehling-in-berlin_e64212c3beee4e329b93f954d8cbf194 (besucht am 24.4.2024). Alle anderen Angaben: Originalvorspann (dort Willy A. Kleinau „Willi“ geschrieben, Ernst Stankovski „Stankowski“).

Photos: DFF.