Berlin-Film-Katalog

(in Vorbereitung)

Rarität des Monats Juli 2019

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 8.-10. Juli 2019 um 19 Uhr (am 8. in Anwesenheit von Lothar Lambert und der Hauptdarstellerin Ulrike Schirm alias Ulrike S.) lief





Die Alptraumfrau

BRD 1980 – 86 Min. – 16 mm (1:1,37) – Schwarzweiß  

Regie, Buch, Kamera, Ton, Schnitt, Produktion: Lothar Lambert.

Darsteller: Ulrike S., Dagmar Beiersdorf, Robert Cutts, Walter Earl Haroway, Lotti Huber, Mustafa Iskandarani, H.W. Kurth, Lothar Lambert, Bernd Lubowski, Hans Marquardt, Stefan Menche, Dorothea Moritz, Erika Rabau, Maryse Richter, Manfred Salzgeber, Uwe Sange, Renate Soleymany, Angie Stardust, Roland Stoos, Cemal Ünsal, Lia Wagner, Christoph Wellemeyer, Wolfram Zobus, die Band „Brutto/Netto“ (Sänger: Bruno Ferrari) u.a.

Erstverleih: Lothar Lambert. 


Im Juli 2019 feiert Lothar Lambert nicht nur seinen 75. Geburtstag, son­dern (am 25.7. um 20 Uhr im Brotfabrikkino) auch die Premiere seines 40. Films „ Oben rum, unten rum – Lamberts gesammelte Einakter“, der wo­mög­­lich sein letzter sein wird (und im Brotfabrikkino vom 26.-31.7. um 21 Uhr läuft). Aus diesen An­­­­­lässen möchten wir den König des Berliner Undergroundkinos, der das, was heute „German Mumblecore“ heißt, schon seit fast fünfzig Jahren macht, wür­digen mit der Wiederaufführung einer seiner besten und berühm­te­sten Arbeiten.

„Die Alptraumfrau“ erzählt die Geschichte der nicht mehr ganz jungen West-Berlinerin Beate M., die – unter anderem mit Hilfe von Psychiatern und Tabletten – versucht, ihre zahlreichen, seit der Kindheit entwickelten psychischen Pro­ble­me zu bewältigen und sich selbst zu finden. Sie erinnert sich an ihre Ehe, die von Gewalt geprägt war, daneben allerdings auch nicht von größerer Lieblosig­keit als ihre aktuelle Beziehung. Und sie wird immer wieder überwältigt von maso­chistisch geprägten Sexphantasien, für die sie sich zutiefst schämt.

1980 uraufgeführt, ist „Die Alptraumfrau“ nicht nur ein Hauptwerk Lothar Lam­berts und eine seiner ersten „Ein-Mann-Produktionen“: Er übernahm praktisch alle Funktionen hinter der Kamera (Produktion, Regie, Buch, Kamera, Ton, Schnitt, zeitweise auch Verleih) – und trat auch noch vor diese. Sein mit we­­nig Geld geschaffener Beitrag zum damals nicht nur in Deutschland beliebten Genre des Frauenemanzipations­films – inspiriert vom Leben seiner Haupt­­­­­­dar­stellerin Ulrike Schirm und den Phantasien seiner Freundin und künstlerischen Mit­streiterin Dagmar Beiersdorf – bescherte Lambert auch erstmals inter­natio­nale Beachtung.

Mit zahlreichen Rückblenden und Traumsequenzen, mit kurzen Flashbacks, ent­sprechend vielen Schnitten und einer weitgehend eigenständigen Behandlung des Tons, der die Bilder öfter kontrastiert statt einfach die zu sehenden Gesprä­che wiederzugeben, ist „Die Alptraumfrau“ zudem einer der am komplexesten ge­stal­teten Filme Lamberts und insofern eher eine Ausnahme in seinem Oeuvre. Andererseits setzte er für ihn typische Mittel und Motive hier in nach­gerade exemplarischer Weise ein: Psychische Probleme und deren ärztliche Behandlung, Ausbruch aus dem Korsett kleinbürgerlicher Konventionen und Selbst­findung, Tanz und Masturbation, Blicke in den Spiegel und in ein Zimmer, Faszination des Mediums Film, Nebenfiguren, die das Gesche­hen kommen­tierend begleiten. All dies bereits mit einzelnen Einsprengseln jener Tragikomik, die im Laufe der achtziger Jahre bestimmend für Lamberts Werke werden sollte.


Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

Mehr zu dem Film hier.














Quelle der filmographischen Angaben: http://lotharlambert.de/die-alptraumfrau.html (besucht am 23.6.2019). 

Bilder: Lothar Lambert.