Berlin-Film-Katalog

(in Vorbereitung)

Rarität des Monats Februar 2024

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeden Monat eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Am Montag, 5. Februar 2024 um 17.30 Uhr lief (mit einer Einführung)



Der Jugendrichter

BRD 1959/1960 – 94 Min. (2581 m) – 35 mm (1:1,33) – Schwarzweiß

Regie: Paul Verhoeven. Buch: Hans Jacoby, Istvan Bekeffi. Bild: Erich Claunigk. Musik: Raimund Rosenberger. Bauten: Rolf Zehetbauer. Schnitt: Hermann Haller. Regieassistenz: Jochen Wiedermann (d.i. Wolfgang Benno Bellenbaum). Ton: Heinz Garbowski. Aufnahmeleitung: Erwin Dräger, Hans-Bolko Marcard. Kameraführung: Gerd Neubelt. Kostüme: Manon Hahn. Masken: Josef Coesfeld, Fredy Arnold, Herta Schwarz.

Darsteller: Heinz Rühmann (Dr. Ferdinand Bluhme), Karin Baal (Inge Schumann), Lola Müthel (Elisabeth Winkler), Hans Nielsen (Dr. Otto Schmittler), Michael Verhoeven (Kurt), Rainer Brandt (Fred), Peter Thom (Bill), Lore Schulz (Paula Burg), Monika John (Marie), Hans Epskamp (Hallmeier), Erich Fiedler (Vogel), Willi Rose (Justizwachtmeister), Gerd Frickhöffer (Wellmann), Harry Engel (Peters), Käthe Alwing, Nikolaus Duschke, Karin Gebelein, Kunibert Gensichen, Lilo Hartmann, Anneliese Hartnack, Knuth Hartwig, Hilla Hofer, Friedrich Maurer, Nora Meyer, Karin Ostholt, Martin Rickelt, Hilde Volk.

Produktion: Kurt Ulrich Produktion. Gesamtleitung: Kurt Ulrich.

Dreharbeiten: November-Dezember 1959, Ufa-Atelier Berlin-Tempelhof.

Erstverleih: Ufa.

Uraufführung: 11. Februar 1960, Hannover, Weltspiele.

 

Was soll nur aus der Jugend werden? Sie benimmt sich unmöglich, huldigt fragwürdigen Moden, Teile von ihr sind außer Rand und Band, zum Teil schon kriminell. Die Jugend wiederum findet: Die Alten haben einfach keine Ahnung, nur sie hat den Durchblick, ist mit Problemen konfrontiert wie noch nie eine Ju­gend zuvor und erfindet gerade das Rad neu. Für alle aber steht fest: Die Welt ist in Unordnung, aus den Fugen, man kann nur mit größter Sorge in die Zukunft blicken.

So war das auch schon vor 65 Jahren, als „Der Jugendrichter“ entstand. Heinz Rühmann, über Jahrzehnte hinweg einer der beliebtesten deutschen Schauspieler, hatte erst kurz zuvor einen Karriereknick überwunden. Lange Zeit eingesetzt als ideale Verkörperung des „kleinen Mannes“, der sich mit Geschick, Beharrlichkeit und Witz gegen die Unbilden des Schicksals, des Alltags und ge­gen die Größeren, Stärkeren und auch „die da oben“ behauptet, begann er nun, mit Mitte fünfzig, verstärkt selbst Respektspersonen zu spielen – freilich solche, die von Weisheit, Güte und etwas unkonventionellem Verhalten ge­prägt wurden.

„Der Jugendrichter“ – geschrieben von Hans Jacoby und István Békeffy, die damals fast so etwas wie Stammdrehbuchautoren für Rühmann waren – griff 1959 das Problem des zunehmend aufmüpfigen Nachwuchses auf, das im Laufe der fünfziger Jahre auch in Deutschland immer virulenter geworden war. Karin Baal war die fast zwingende Besetzung für die Rolle jenes Problem­falls, dessen sich der von Rühmann verkörperte Jugendrichter ganz be­sonders annimmt, war sie doch wenige Jahre zuvor gleich mit ihrem Début in „Die Halbstarken“ zum Star geworden.

Als ihr Filmliebhaber und jugendlicher Oberbösewicht agierte der junge Rainer Brandt, der später als Synchronsprecher und -autor größere Spuren im deut­schen Film und Fernsehen hinterlassen sollte denn als Schauspieler. Als seine wichtigsten Kumpane: Peter Thom und Michael Verhoeven, der Sohn des Re­gisseurs Paul Verhoeven, bald darauf selbst ein bedeutender Filmemacher (zehn Jahre später sprengte ein von ihm geschaffener Film die Berlinale).

Zwar spielt der weitgehend in Vergessenheit geratene Film nicht ausdrücklich in Berlin, an diversen Details wird aber erkennbar, daß er hier gedreht wurde. Außerdem war Berlin seinerzeit neben Hamburg der glaubwürdigste deutsche Schauplatz für eine solche Geschichte.


Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.



Daß Heinz Rühmann ein guter Schauspieler ist, weiß alle Welt – daß aber Karin Baal (...) sich hier
als fast genauso gut entpuppt – das müssen Sie sich selbst ansehen!
-cht, BZ vom 19. April 1960





Quellen der filmographischen Angaben: Länge, Film- und Bildformat, Dreharbeiten, Uraufführung: https://www.filmportal.de/film/der-jugendrichter_d55fc76369074c47bb4e65e84633a1c3 (besucht am 25.1.2024). Jochen Wiedermann/Wolfgang Benno Bellenbaum: https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Bellenbaum (besucht am 25.1.2024). Alle anderen Angaben: Originalvorspann.

Photos: DFF.